Endlich schaffe ich es wieder die Ereignisse in Ecuador der letzten Zeit zusammen zu fassen. Es hat sich so viel getan. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Na dann einfach los.
Ihr wisst ja von Anfang an war mein (unser) Ziel die Familie wieder auf ihre eigene Beine zu stellen. Den Kindern und Betty eine neue Chance zu geben und zu versuchen die Zeit zu überbrücken, bis sie „erwachsen“ sind. Es gab in der Vergangenheit immer wieder auch gesundheitliche Rückschläge. So auch in der letzten Zeit. Sehr erfreulich ist: es gibt neue Familiengründungen.
Betty hat sich gut erholt (wie in den Fotos weiter unten zu erkennen ist), auch wenn die Kinder liebevoll meinen: „Jetzt wird unsere Mama langsam alt“. Doch es ist nicht viel Zeit vergangen hatte Ivan einen Blinddarmentzündung. Er musste nach Quito im Krankenwagen gebracht werden und dort notoperiert werden. Das sind die Vorkommnisse auf die, bei fehlendem Gesundheitssystem, wohl noch länger keine Unabhängigkeit zu schaffen ist.
Wie verhext war dann auch Adriana mit einer Blinddarmentzündung aber bereits mit Bauchfellentzündung betroffen. Paul schreibt sie wäre wirklich fast gestorben und es musste ihr der Bauch weit aufgemacht werden um gründlich alles zu „reinigen“. Das Geschäft musste geschlossen werden weil Betty 8 Tage an der Seite von Adriana blieb. Dadurch wurden einige Produkte schlecht. Veronica hat sich mit Betty abgewechselt, und Betty sich umziehen und waschen konnte. Wenn Betty bei ihr war, dann hat Veronica die Medikamente besorgt. Veronica lebt jetzt mit ihrem Freund in Quito.

Adriana musste blöderweise genau zu dem Zeitpunkt ins Krankenhaus als ich auf Urlaub war. Die Zeit hatte so gedrängt, dass die Familie kurzerhand einen Kredit aufgenommen hat. Die Sicherheit war der Lebensmittelladen. Der Zinssatz 20 %. Im Monat! (Das sind die echten Ausbeuter unserer Zeit. Schon geprüft ob dein Geld nicht in solchen besonders gewinnbringenden Investitionen/Krediten steckt?) Ohne das Geld für die Operation wäre nichts mehr zu machen gewesen. Ohne (in diesem Fall meine) Unterstützung und Tilgung des Kredites wäre der Lebensmittelladen verloren gewesen. Die Zinsen hätten ihn einfach weggefressen. Für kurze Zeit hätte die Familie in Ecuador genau gewusst was es heißt, wenn die Bank verspricht: „Lassen sie ihr Geld bei uns arbeiten.“
Aber es gibt auch höchst erfreuliche Nachrichten aus Ecuador. Karen hat geheiratet! Das ist doch wunderbar! Ich hab mir schon gedacht, dass das irgendetwas im Busch ist, denn die Kommunikation mit mir wurde in den letzten Monaten immer spärlicher. Jetzt ist mir klar, dass die Planung der Hochzeit und natürlich das neue Familienleben vorgegangen sind. Ich bin es ihr von ganzem Herzen vergönnt, sich einmal mehr um ihr Leben zu kümmern als um das ihrer Geschwister.

 

 

Wie ich jetzt – nachträglich – erfahren darf hat auch Veronika bereits ihre Familie gegründet. Ich finde es etwas schade dass ich nicht gleich in die Geschehnisse eingeweiht wurde, denke aber es hatte damit zu tun, dass sie vermutet haben dass wir lieber helfen wenn es um Schulbildung geht als um das versorgen neuer Kinder. Irgendwie komisch, aber was soll ich machen?
Diesen Monat hatte ich seit langem auch wieder Kontakt mit Paul. Das hat auch damit zu tun das ich verstärkt nach Informationen gebeten hatte, auch bei ihm. Er hat selbst auch schon eine Familie gegründet. Hat 2 Kinder im Alter von 8 (Jung) und 2  Jahren (Mädchen). Er wollte schon immer nichts lieber als auf eigenen Beinen zu stehen und ist wie immer super strebsam. Paul macht neue Ausbildungen und versucht nicht nur seine Familie zu ernähren, sondern wenn etwas Geld übrig ist auch den Lebensmittelladen etwas auf die Sprünge zu helfen. Er sagt da wären ein paar Kleinigkeiten zu machen! Er selbst arbeitet 7 Tage untertags, 7 Tage in der Nacht und dann 7 Tage frei. Auch seine Frau arbeitet und organisiert das Familienleben.



Frau und Kinder von Paul - sie wohnen ganz in der Nähe von Betty

Paul hat sich auch Zeit genommen mir wieder einmal aus seiner Sicht die Lage der Familie zu erklären. Es hat immer ein gutes Gefühl dafür, was ein „besorgter Helfer“ in weiter Ferne für Informationen braucht um die Lage besser einschätzen zu können. Er meint: „Carlos und Ivan wollen schon lieber Arbeiten als in die Schule gehen. Das kommt ihm nicht sehr vernünftig vor, aber die Wünsche von einem Motorrad oder Geld zum Ausgehen sind Antrieb fast aller Jugendlichen der Welt. Ivan hat vor kurzem seine Arbeit als Kellner in einem Restaurant verloren. Der Grund war das der Arbeitgeber ihn sehr schlecht behandelt hat, sogar geschlagen, darum hat er gekündigt. Es ist nicht leicht wieder Arbeit zu finden, und für Jugendliche ist es besonders schwierig. Carlos arbeitet und verdient 150 $ alle 14 Tage.
Einen Teil davon gibt er Betty für Essen, mit dem anderen Teil spart er gerade auf ein Motorrad. Paul versucht es ihm auszureden, denn das da auch der Führerschein zu machen ist, Reparaturen zu zahlen sind und auch der Treibstoff kostet, daran denkt Carlos nicht.“ Mal sehen ob es Paul gelingt. Beide, Carlos und Ivan, wollen in die Schule und Arbeiten, aber das eigene Geld verdienen erscheint – in der pubertären Phase wie es Paul beschreibt - wichtiger.
Adriana hat durch ihre Operation ein Schuljahr verloren. Der Aufenthalt im Krankenhaus war genau zur Prüfungszeit. Gesundheitlich geht es ihr aber zum Glück wieder besser.
Mateo ist ein sehr intelligenter Junge. Und guter Freund von Pauls Sohn. 
Betty ist mehr oder weniger alleine im Geschäft am Arbeiten. Und momentan sind die Vorräte wieder so schlecht bestückt, dass sie ab und zu wieder schließen muss. So war das nicht gedacht aber irgendwie fühlen sich die Kinder nicht so wirklich mitverantwortlich. Ich weiß noch nicht wie ich es anstellen soll, dass Betty Unterstützung im Geschäft bekommt. Und die Kids erkennen dass das ihre Chance auf Arbeit ist. Ich werde versuchen hier nochmal ein ernstes Wort zu schreiben. Aber meine Entscheidung ist das nicht! Paul möchte in seiner nächsten freien Zeit nicht nur Urlaubszeit sondern gemeinsam auch Geld investieren und das Geschäft verbessern.
Es ist immer müßig über Geld zu reden, doch insgesamt ist mein Verdienst des letzten Jahres in einen Lebensmittelladen und 2 Operationen gegangen. Es würde mich jedoch freuen wenn wir nächstes Mal wieder gemeinsam helfen könnten, beim Geschäft restaurieren oder weiter benötigtes Schulgeld. Danke jetzt schon!
Immer wieder schreiben die Kinder wie wertvoll unsere Hilfe für sie ist. Sie werden das nie vergessen und sind sehr sehr Dankbar für die großartige Chance. Einige haben sie mit einer neuen Familiengründung ja schon ergriffen…
Von Betty habe ich einen sehr herzlichen Brief – in Hand geschrieben und abfotografiert von Paul – bekommen. Ihre Dankbarkeit als liebevolle Mutter lässt sich hier nicht in Worten wiedergeben – nur weitergeben. Ich hab sie gespürt…

Bilder von den guten Zeiten:



Geschäft von außen; Adriana und Matheo beim Proben und beim Umzug; Matheo, Betty und Karen am Tag des Umzugs

 

Die Operation ist DANK EURER HILFE vollbracht. Alle sind erleichtert dass es gut gegangen ist!

Die Ärzte haben empfohlen, dass Bettys Kinder vor der Operation zu Besuch kommen. Das würde beste Medizin sein, für eine deprimierte Frau sein die ihre Kinder schon seit über 2 Monaten nicht mehr gesehen hat. Das habe die Kinder auch gemacht und uns einige Fotos aus Quito (vor dem Krankenhaus) geschickt. Karen erklärt mir genau wie das Geld auch durch diesen Besuch dahin schwindet, aber letztendlich war es die Mühe (und das Geld sowieso) Wert.
Hier ein paar Fotos vor dem Krankenhaus. Die Kinder durften ihre Mama nur einzeln besuchen (Ivan, Veronica, Adriana, Carlos):


Karen schreibt: „Die Operation hat von 15:00 bis 17:30 gedauert. Ich bin fast selbst gestorben vor Sorge um meine Mama. Als die Krankenschwester mal herauskam und nicht sagen konnte wie es gerade um Mama steht….. ach aber jetzt ist es vorbei! Gott sei Dank. Sie ist noch immer sehr schwach und steht noch sicher ein paar Tage unter Beobachtung. Habe schon versucht eine Transportmöglichkeit zu organisieren. Du weißt ja wie viele Stunden es nach Hause sind, schlechte Straßen voller Schlaglöcher und das Krankenhaus kann den Krankentransport nicht leisten. Ich habe einen Fahrer gefragt, es wird noch mal etwa 200€ kosten und dann noch die Medikamente jedes Monat mindestens nochmal 100 $ …, du kannst dir sicher vorstellen, das Geld ist ausgegeben. Was soll ich tun?“
Hier ein paar Fotos vom und aus dem Krankenhaus. Leider gab es im Krankenhaus Fotoverbot (das Karen in ihrer verzweifelten Situation recht ernst genommen hat), darum gibt es nur ein Foto mit Betty beim Blutdruckmessen, ihrem Untersuchungsbett, den Warteschlangen für die Blutproben, ein Bild von Karen und Veronica als sie sich abgewechselt haben in Quito damit Karen ihre Prüfungen nachmachen kann:



Karen: „Während der Operation haben meine Geschwister ständig angerufen und wisse wollen wie es Mama geht. Es hat ewig gedauert. Mittlerweile hat mich Veronica angerufen und völlig verzweifelt erzählt, das Carlos Fieber, dann auch wieder Schüttelfrost hat und nicht mehr essen kann. Zum Glück hat eine Tante Geld borgen können für das Spital in Coca. Dort haben sie dann Dengue-Fieber festgestellt. Mit den Medikamenten ist es bereits besser geworden, aber wieder ein großer Schreck! Ich bin mit meine Nerven echt am Ende.“

Es geht sicher bald wieder aufwärts! Wenn die Familie wieder in Coca vereint ist wird sicherlich auch die Heilwirksamkeit des Zusammenseins eintreten! Es wäre sehr schön wenn wir der Familie gemeinsam ein schönes Weihnachtsfest verschaffen könnten.
(Weihnachten ganz ohne Schnee!)

Hier bei dieser Gelegenheit ein paar Fotos aus Coca (die meisten Fotos habe ich erst nachträglich erhalten, sind also schon ein wenig älter):
Matheo und Adriana in der Hütte mit einem Verwandten (Weihnachten 2010), Matheo in Schul-Sportuniform neben einer hübschen Schulkollegin, Matheo in Tracht, 3 Bilder vom Baden in Coca

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