Ich möchte dir eine Geschichte von deinem jungen Witwer erzählen, der mit seinem fünfjährigen Sohn zusammenlebte. Er liebte seinen Sohn mehr als das eigene Leben. Eines Tages ließ er seinen Sohn zu Hause zurück, da er geschäftlich fortmusste. In seiner Abwesenheit kamen Räuber, raubten das ganze Dorf aus und brannten es nieder. Den Jungen entführten sie. Als der Mann nach Hause zurückkehrte, fand er neben seinem niedergebrannten Haus den verkohlten Leichnam eines kleinen Kindes. Er hielt ihn für den Körper seines eigenen Sohnes. Er weinte und klagte, und dann verbrannte er das, was von der Leiche übrig geblieben war. Da er seinen Sohn so innig geliebt hatte, füllte er die Asche in einen Beutel, den er - wohin er auch ging - bei sich trug. Einige Monate später gelang es seinem Sohn, den Räubern zu entkommen, und er machte sich auf den Weg nach Hause. Mitten in der Nacht kam er dort an und klopfte an die Tür. Zu dieser Zeit drückte der Vater gerade den Beutel an sein Herz und weinte. Der Vater weigerte sich, die Tür zu öffnen, selbst als das Kind reif, er sei der Sohn des Mannes. Der Mann glaubte, dass sein Sohn tot sei und dass das Kind, welches an die Tür klopfte, ein Kind der Nachbarschaft sei, das sich über seine Trauer lustig machen wolle. Schließlich blieb dem Sohn keine andere Wahl, als fort zu gehen. So verloren Vater und Sohn sich für immer.

Thich Nhat Hanh - Der Buddha , Sein Leben, seine Lehren, seine Weisheiten , 2007

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